Der bunte Geist

Der bunte Geist

Es war einmal ein Geist. Der fühlte sich immer irgendwie einsam und verloren.

Er wollte einfach nur glücklich sein, aber was er auch anstellte, gelang es ihm immer nur kurz.
Zum Beispiel lernte er sehr viel und fleißig. Es machte ihm Spaß, weil er ja auch ein wissbegieriges Kerlchen ist.
Doch irgendwie befriedigte es ihn doch nicht so, wie er sich das vorstellte.

Er bemühte sich sehr, ja nahezu unerschöpflich ein wirklich guter Geist zu sein, denn er wollte gerne, dass ihn auch die anderen Geister mögen.
Doch wie er es auch versuchte, es wollte ihm einfach nicht gelingen, dass alle anderen Geister glücklich und zufrieden sind.
Das machte auch ihn selbst wieder unglücklich.

Was er auch anstellte, es gelang ihm einfach nicht, dieses einsame Gefühl loszuwerden.

Und immer wenn er über seine Erlebnisse nachdachte, um zu überlegen, wie er es besser machen könnte, sah er schwarz.

Er gab aber nicht auf und bemühte sich weiter und immer weiter.
Bis eines Tages der Körper des Geistes einfach nicht mehr konnte. Er fühlte sich vollkommen leer und ausgelaugt an.
Es ging einfach nichts mehr.

Da begann sich der Geist Sorgen zu machen und schleppte seinen Körper zu den weißen Kitteln.
Diese weißen Kitteln waren hoch angesehen, es wurden ihnen sogar besondere Fähigkeiten zugesagt.
Doch zu welchem weißen Kittel der Geist mit seinem Körper auch kam. Sie gaben ihm immer bunte Pillen und meinten damit würde es besser werden.
Doch dem war nicht so. Nichts wurde besser, ja sogar einiges noch schlimmer.

Der Geist wußte einfach nicht mehr weiter. Niemand konnte ihm helfen und er fühlte sich vollkommen verloren. Es war einfach alles nur noch schwarz.

Es kam der Tag, da gab der Geist auf. Ihm fehlte jegliche Idee wie er seinem Körper helfen könnte.
Er wurde still. Mucksmäuschenstill.
Nicht einmal einen winzigen kleinen Ton brachte er mehr heraus.

Als er glaubte, jetzt gehe es mit ihm zu Ende, da hörte er plötzlich eine zarte Stimme.
Er schrak auf, denn er konnte sich nicht erklären, woher diese Stimme kommt.

Die Stimme meldete sich wieder mit einem liebevollen "Hallo".
Der Geist nahm seinen ganzen Mut zusammen, denn er konnte nicht herausfinden, woher die Stimme kommt und fragte schließlich: "Wo bist du? Und wer bist du?"

Die Stimme antwortete: "Hier unten! Ich bin dein Herz - die Stimme deiner Seele."

Der Geist kannte sich gar nicht aus.
Seele? Wer oder was soll das sein? Sowas hat er noch nie gesehen, also kann es das auch gar nicht geben.

Er meinte er werde nun gar verrückt. Welch schlimmes Schicksal er doch habe. Da bemüht er sich sein Leben lang um alle anderen Geister und nun, wo sein Körper nicht mehr kann, ist niemand dieser Geister für ihn da.
Und nun auch das noch, nun hat er auch noch Halluzinationen und fängt an eine Stimme zu hören - von einer "Seele".

Sowas verrücktes! Wenn er das jemanden erzählen würde, würden sie ihn sicher sofort in einer Klappsmühle einsperren.

Die Stimme sagt wieder, ganz zärtlich und liebevoll: "Hallo".

Der Geist denkt sich, "was soll ich denn jetzt bloß machen?"

Und die Stimme antwortet ihm: "Du kannst mir zuhören."

Da erschrickt der Geist abermals. Er hat ganz sicher nicht laut gedacht! Woher weiß dann diese Stimme, was er gedacht hat?

Da antwortet die Stimme wieder: "Ich kann alles hören - was du laut sagst und was du auch nur denkst."

Der Geist ist nun still - er traut sich nun nichtmal mehr zu denken.

Er hält es aber nicht lange aus, nicht zu denken. So platzt der nächste Gedanke aus ihm heraus: "Hilfeeeee, was soll ich nur tun? Ich fühl mich so gefangen. Mein Körper funktioniert nicht mehr und ich höre eine Stimme. Ich komm ja nichtmal hier weg!"

Die Stimme sagt: "Ich kann dir helfen! Ich kann dir helfen, dass dein Körper wieder gesund wird. Dazu musst du dem Körper und mir zuhören."

Der Geist ist nicht gerade begeistert. Schon wieder jemand der meint, er könne seinem Körper helfen. Nur diesesmal ist es eine unsichtbare Stimme.
Und dem Körper zuhören - so ein schmarren. Wie soll denn das gehen? Der Körper kann nicht sprechen! Der Geist ist davon überzeugt, es ist fest, wie das Amen im Gebet.

Die Stimme, immer noch ganz sanft und liebevoll, doch mit Überzeugung, sagt: "Dein Körper kann sehrwohl sprechen, doch hast du ihm zuwenig zugehört. Aus diesem Grund kann er nun nicht mehr.
Wenn du bereit bist deinem Körper und mir zuzuhören, wirst du merken, dass es ihm - und somit auch dir - bald wieder besser gehen wird."

Der Geist fühlt sich irgendwie ertappt. Kann es denn echt sein, dass der Körper spricht und er ihm einfach zuwenig zugehört hat?
Nun ja, zugegebenermaßen ist er selbst - der Geist - schon immer sehr geschäftig.
Aber er bemüht sich ja eben auch soviel, es allen anderen recht zu machen........ Hmmmmm es allen anderen recht machen, ja man könnte sagen das wäre sein Lebensinhalt.
Doch der Körper sprechen?
Der Geist überlegt weiter..... wann könnte der Körper gesprochen haben? Und was könnte er gesagt haben?
Da fällt ihm ein: "Ja, gestern beim Essen - eigentlich hatte ich da schon genug, aber es hat einfach sooooo gut geschmeckt, da musste ich einfach noch mehr davon essen."
Na gut, der Geist sah ein - da hat er tatsächlich nicht auf den Körper gehört.
Dem Geist wurde klar: "Aaaaaahhhh, das ist gemeint mit sprechen! Ich hatte keinen Hunger mehr, aber ich habe trotzdem noch was gegessen!"
Und er dachte gleich weiter: "Na gut, hab ich halt EINMAL ein bissi mehr gegessen, ist ja nicht so schlimm! Daran kanns nicht liegen, dass mein Körper nicht mehr kann!"

Da flüsterte die zarte Stimme der Seele wieder: "Denk mal weiter drüber nach, kann es sein, dass es noch weitere Begebenheiten gegeben hat, wo du nicht auf deinen Körper gehört hast?"

Der Geist fühlte sich wieder ertappt. Aber was blieb ihm schon übrig, immerhin konnte er hier nicht weg. So dachte er wieder nach:" Oh, vorgestern, da fühlte ich mich müde, ich wollte aber noch schnell diese 2 Kleinigkeiten erledigen, damit ich dann meine Ruhe hab! OK Na gut, aus den 2 Kleinigkeiten wurde es 2 Stunden, aber dafür hab ich soviel weiter gebracht!" Da war der Geist wieder stolz auf sich, so tüchtig zu sein.

Die Stimme der Seele fragte:" Und wie fühlte sich dein Körper dabei? "

"Der Körper?", fragte der Geist. "Der Körper ist dann totmüde ins Bett gefallen." ...... Oh, wurde dem Geist bewusst, da hat er wohl auch nicht auf seinen Körper gehört, denn er war ja vorher schon müde.
Das machte den Geist etwas traurig. Kann es denn wirklich sein, dass er zuwenig auf seinen Körper gehört hat und nun der Körper deshalb nicht mehr kann?

Nun war der Geist motiviert Beispiele zu finden, wann er gut auf seinen Körper gehört hat.
Er fand auch einige, doch viel mehr wurde ihm klar, dass er doch noch viel öfter nicht auf seinen Körper gehört hat.

Das machte ihn wütend und traurig zugleich. Irgendwie kannte er sich nicht mehr aus.
Und alles nur wegen dieser Scheiß Stimme. Diese komische Seele, die es ja nichtmal geben kann, weil er sie einfach noch nie gesehen hat.
Er fluchte und wütete und fühlte sich auch gleichzeitig hilflos.

Die Seele hörte ihm zu, doch sie sagte kein Wort. Sie empfand einfach nur Mitgefühl, immerhin hat er ja nichts davon mit böser Absicht gemacht - der Geist wusste es einfach nicht besser.

Als sich der Geist wieder beruhigt hatte und er Begriff, dass es gerade einfach die einzige Möglichkeit ist, die er gerade hat, auf die Stimme des Körpers und der Seele zu hören, so sagte er: "Seele? Bist du noch da?"

Voller Freude und ganz liebevoll sagte die Seele: "Ja, das bin ich. Ich bin noch da und ich bin immer da!"

Der Geist sagte: "Also gut, erzähl mir mehr von dem, was du mir sagen willst. Ich will jetzt versuchen dir und dem Körper zuzuhören."

Die Seele begann zu erzählen und vieles zu erklären. Der Geist hörte zu. Es gelang ihm nicht immer, aber er wurde stetig besser darin.

Und tatsächlich merkte er bald, wie es dem Körper und auch ihm selbst anfing wieder besser zu gehen.
Zugegeben, es war echt nicht leicht! Er mußte so vieles anders machen, als er es gewohnt war. Und das gelang ihm auch nicht immer.
Doch merkte er auch bald, wenn er einer alten Gewohnheit folgte, so ging es ihm danach schlechter.

Der Geist gab nicht auf, auch wenn er viele Rückschläge erleiden musste.
Und er merkte dennoch, wie es ihm stetig besser ging und auch sein Körper fitter wurde.
Ja sogar so fit, wie niemals zuvor in seinem Leben und das, obwohl er viel weniger hart trainierte.

Und so kam es, dass der Geist irgendwann merkte, dass er sogar die Seele immer mehr mochte.
Egal wie er drauf war, egal, welche alte Gewohnheit ihn austrickste - die Seele sprach immer liebevoll mit ihm. Niemals war sie auch nur ein klitzekleines bisschen böse oder traurig wegen ihm.
Es war ihm fast, als wäre das soetwas wie bedingungslose Liebe.

Er machte weiter, hörte auf den Körper und auf die Seele und so merkte der Geist auch, dass der Körper eigentlich ein ziemlich cooler und sogar weiser Freund geworden ist. Denn mittlerweile versteht der Geist seinen Körper so gut, dass er versteht, wenn ihm der Körper sagt, was er nicht will, wo er nicht hingehen will und auch - so komisch das klingt - mit welchen anderen Geistern er sich nicht mehr wohl fühlt.

Das erkennt der Geist als große Bereicherung in seinem Leben, weil es dadurch viel einfacher, freier und - jetzt kommts - sogar spaßiger! wird.

Und je mehr sich der Geist auf die Seele einlässt - puuuhhhh ich kann euch sagen, dass ist oft wirklich fordernd und macht sogar Angst, weil da soviel ist, was der Geist noch nicht kennt - desto, wie soll ich sagen..... desto bunter wird sein Leben.

Ja, dem Geist fällt auf, was er früher alles Schwarz gesehen hat und was er jetzt anders - eben bunter, sehen kann.

Da sind auch so eigenartige Dinge dabei, wie zum Beispiel Bäume. Früher waren Bäume halt einfach Bäume, eh auch schön anzusehen und auch ein schönes Grün und auch schön, wenn die Blätter im Herbst bunt sind. Aber eben auch so viel Arbeit! Die ganzen Blätter zusammenkehren und wegräumen und die Bäume schneiden und so.
Doch nun - pssssst - das erzählt er jetzt nur dir - es ist, als ob die Bäume seine Freunde sind. Es fühlt sich einfach immer gut an, wenn er einen Baum umarmt.
Ja, voll verrückt, gell?
Einen Baum umarmen! Aber es ist einfach so schön! Und der Geist fühlt sich dann einfach so... so.... so glücklich!
Ist das zu glauben? Er muss gar nichts dafür tun, nur sowas verrücktes, wie einen Baum umarmen und er ist dann einfach glücklich!
Kannst du dir das vorstellen?

Hat sich der Geist auch nicht vorstellen können - gaaaaanz lange nicht! Aber die Seele hat gesagt, er soll einfach immer wieder mal einen Baum umarmen und irgendwann - wirklich lange vorher nicht - aber irgendwann war er plötzlich glücklich, als er einen Baum umarmt hat.

Und wisst ihr, was noch viel verrückter ist?
Also der Geist ist sich nicht sicher, aber manchmal hat er das Gefühl, als würde er einen Baum sprechen hören!
Kaum zu glauben, oder?
Also der Geist hat ja schon so viel Neues erlebt, seitdem er auf die Seele hört, da hat er jetzt einfach beschlossen, er wird das mit den sprechenden Bäumen weiter beobachten.

Und irgendwie fühlt er sich voll cool dabei, weil jetzt kann der Geist von sich behaupten, er ist Forscher! Ein Baum-Sprech-Forscher! Da klingt das ganze nicht mehr ganz so verrückt!
Naja, vielleicht schon, aber zum Mond ist man ja auch nur geflogen, weils von irgendwem - eben einem Forscher - eine verrückte Idee war.

Naja und die Sache mit der Seele ist nun so. Wie soll ich sagen, der Geist hat sich einfach in die Seele verliebt. Nicht nur, weil sie niemals auch nur ein klitzekleines bisschen streng zu ihm war. Auch nicht, weil sie ihm soooooo viel Neues gezeigt hat, was er sich vorher überhaupt nicht vorstellen konnte.
Einfach, weil sie ist, wie sie ist und ihn einfach auch fordert über seinen Schatten zu springen. Immer und immer wieder.
Und so ist er ganz einfach gewachsen. Der Geist ist sooooo viel größer geworden und was noch viel schöner ist, er ist noch viel bunter geworden.

Der Geist fühlt sich auch überhaupt nicht mehr alleine, denn er hat sein zu Hause in seiner Seele und seinem Körper gefunden.

Und eines verrate ich dir jetzt noch.

Es ist dem Geist sogar passiert, dass er plötzlich und wie aus dem Nichts - so, wie es damals mit der Stimme war - die Seele sehen kann.
Sie ist so wunderschön und mittlerweile auch seine Gefährtin, einfach, weil er sich auf sie eingelassen hat.
Immer und immer wieder und es immer wieder weiter tut, sich auf sie einlassen. Auf die Seele und auf den Körper hören - der Geist ist draufgekommen, dass er so viel mehr Spaß hat.

Der Geist kann nun die Seele sehen, weil er sich selbst in seiner Buntheit entdeckt. Denn auch die Seele ist bunt.

Und was ist nun mit den anderen Geistern, fragst du dich?
Nun ja, das ist eine weitere Geschichte.
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